Früh am Morgen stehen wir auf dem Platz und üben unsere Tai Chi Form. Aus den Augenwinkeln kann ich sehen wie jemand um die Gruppe herumläuft und mit den Handy Videos macht. Er kommt mal näher, läuft zwischen den Übenden hindurch, dreht eine halbe Runde um einen Schüler, geht wieder ein Stück zurück. Ziemlich geübt und professionell denke ich so bei mir, während ich mich wieder auf die Elemente in der Form konzentriere. Auch später, als ich mit Meister Yang alleine übe ist er wieder da und macht seine Videos. Natürlich filmt da nicht irgend jemand, sondern einer der Schüler und Freund von Meister Yang.

Ich gehe zu ihm und frage ob ich das Video sehen könnte. Ich muss mein Englisch dafür nutzen, denn die fünf Worte Chinesisch die ich spreche reichen für eine ernsthafte Unterhaltung nicht aus. Zum Glück spricht auch er etwas Englisch. Und so zeigt er mir das eben gemachte Video und meint, in seinem Chanel könnte ich noch viel mehr sehen und blättert gleich mal durch. Cool denke ich und hole mein Handy, damit wir den Zugang gleich einrichten können. Mist – ich habe ja nur im Hotel einen Internetzugang. Kein Problem meint er. Ihr kommt einfach nach dem Frühstück in meinen Teeshop. Da habe ich auch WLAN und gebe Dir den Zugang, sagt er. Und wie zur Bestätigung ruft er Meister Yang und spricht alles mit ihm ab.

Und tatsächlich. Nach einem kleinen Frühstück erledigen wir noch ein, zwei Wege für Meister Yang und schon sind wir auf dem Weg in den Teeshop von Herrn Dong. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass wir immer durch die halbe Stadt müssen und die ist ja nicht gerade klein.

Wohngebiet

Der Shop befindet sich in einem Wohnviertel. Und in die Wohnviertel kommt man nicht so ohne weiteres hinein. Also heißt es erst mal die Schlüssel für Wohngebiet und Shop besorgen. Für das Wohngebiet reicht, wie so oft, wieder eine App. Für den Shop gibt es tatsächlich noch einen normalen Schlüssel. Rolladen vor dem Laden hochgezogen, Tür geöffnet und schon ist der Zugang frei in die eigene Teewelt von Herrn Dong.

Es sieht wirklich aus wie in einem Shop. An den Wänden stehen Regale mit viel Dingen die man zur Zubereitung und den Genuss von Tee benötigt: Teekannen, Tassen, Teegläser, jede Menge Tee. Aber auch andere Dinge. Schmuck aus Bernstein, aus Jade, mehr oder weniger nützliche Dinge aus Messing und ein paar alte Gegenstände, die eher ins Museum passen würden als in ein Geschäft.

gepresster Tee im Teeshop
Teekannen und viel Zubehör im Teeshop

Herr Dong läd uns direkt ein an seinem Tisch Platz zu nehmen. Auch der hat zwischen und neben den ganzen Regalen Platz. „Kaffee oder Tee?“ Fragt er einladend und fängt sofort an die Kaffeemühle in Betrieb zu nehmen. Das ist noch so eine, wie wir sie vielleicht aus alten Zeiten kennen. Kaffebohnen rein, gemahlen wird mit der Hand und unten kommt dann der gemahlene Kaffee raus. Und der kommt direkt in seine Kaffeemaschine. Und die wirkt ebenfalls wie aus einer anderen Zeit. Wasser wird in einer Kanne mit offenem Feuer erhitzt, steigt auf in den darüberliegenden Behälter mit Kaffee und drückt diesen fertig wieder in die Kanne zurück. Gleichzeitig beginnt Herr Dong natürlich frischen Tee zuzubereiten. Auf und am Tisch ist dafür ebenfalls alles vorhanden. Wassergalone, in einen Beistellschrank integrierter Wasserkocher, Kannen, kleine Teetassen. Eben alles, was man für die kleine Teezeremonie benötigt. Und dann werden Kaffee und Tee genossen und über alle möglichen Sachen geplaudert. Obwohl das Englisch von uns allen nicht so perfekt ist klappt es mit der Kommunikation ganz gut. Und wenn es mal nicht weiter geht, hilft JianChao als Übersetzer aus.

Kaffee mahlen wie in alten Zeiten
Kaffeemaschine der besonderen Art

Und dann frage ich nochmal nach, wie denn das mit den Teeshop genau ist, mitten im Wohngebiet, was nicht so einfach zugänglich ist. Vielleicht so eine Art Privatshop, in den man erst eingeladen werden muss um etwas zu kaufen? Herr Dong erzählt, dass es eher eine Art Arbeitsraum ist, den er auch als Kommunikationsort nutzt, wenn Freunde zu ihm kommen. Die ganzen Dinge, die ich im Raum so sehe hat Herr Dong für sich selbst gekauft. Als Erinnerungen, zur eigenen Nutzung, vieleicht zum Verkauf oder zum verschenken. Und auch der Raum selbst ist natürlich sein Eigentum.

Im Teeshop

Also machen wir genau das, wofür der Raum gedacht ist; plauschen miteinander, trinken Tee – und es wird eine Menge Tee – und verbringen die Zeit miteinander. Im Nachbarraum versuchen wir uns noch in Kalligraphie, Herr Dong spielt auf einem alten chinesischen Instrument, so einer Art Flöte und immer wieder geht es mal mehr oder weniger lange zurück an den Teetisch. Nicht die schlechteste Art seine Zeit zu verbringen denke ich…

Herr Dong an der Flöte
Frank bei den ersten Kalligraphie-Versuchen mit dem eigenen Namen

One Comment

  1. So mega toll deine Reiseberichte:) wie als wäre man mit dir vor Ort und würde das alles miterleben. Herrlich.. anstatt aufm Telefon zu datteln habe ich mir heute deinen Blog vorgenommen. Ich freue mich das es dir soo gut geht und du soviel erlebst. Liebste Grüße aus der Heimat Fränki.. und weiterhin eine tolle Zeit.

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